FLINTA
FLINTA steht für
Frauen (cis und trans!)
Lesben
Inter*
Nicht-binär
Trans (trans Männlichkeiten, trans Männer, trans Femmes…)
Agender
Manchmal verwenden Leute auch „FINTA“ oder „FLINT“ also lassen „L“ oder „A“ aus der Aufzählung raus. Das begründen sie dann damit, dass „Lesbe“ eine sexuelle Orientierung und keine Geschlechtsidentität sei bzw. damit, dass agender Personen unter dem Label „nicht-binär“ mitgemeint seien.
Das „L“ gehört in FLINTA
Das „L“ gehört in FLINTA, denn erstens kann „Lesbe“ sehr wohl eine Geschlechtsidentität sein und zweitens steht das „L“ da für die Errungenschaften von Lesben im feministischen Kampf. Lesben erfuhren (und erfahren) im Patriarchat eine spezielle Form geschlechtsbezogener Gewalt und Diskriminierung, die sich von der, die (heterosexuelle) Frauen erfahren, unterscheidet.
Lesben haben eine besondere Rolle in der Geschichte des Feminismus, der Frauenbewegung, und hier geht es nicht um die Einzelperson und ihre sexuelle Orientierung (die durchaus auch bi, oder pan gewesen sein kann), sondern um die Kategorisierung als „Lesbe“ im Unterschied zu „Frau“.
Ungefähr Ende der 1960er Jahre entstanden in Deutschland überall regionale Frauengruppen (zum Teil institutionalisiert als „Frauenzentren“, aber auch lose organisiert). Ihr Ziel war es, Erfahrungsräume zu schaffen, Austauschgruppen für „Frauen only“, in denen nicht nur politische Bildung stattfand, sondern die Teilnehmerinnen vor allem über ihre persönlichen Erfahrungen als Frauen sprachen. In diesen Gruppen und Räumen gab es teils heftige Diskussionen zwischen Frauen und (geouteten) Lesben. Homophobie war damals unter Feministinnen leider keine seltene Ausnahme.
Lesben, so die Auffassung nicht weniger Frauen, würden nicht die gleichen Erfahrungen machen, wie Frauen (die per Default als heterosexuell – und natürlich cis – angesehen wurden). Viele der Themen der Frauen, wie Ehe, Haushalt und Familie, seien für Lesben gar nicht nachvollziehbar und sie sollten doch wenn dann ihre eigenen Räume haben, um über ihre speziell lesbischen Themen zu diskutieren. In Frauenräumen seien sie viel mehr eine Gefahr aufgrund ihrer sexuellen Orientierung. Es könnte ja sein, dass sich ihr Begehren auf eine der heterosexuellen Frauen richtet.
Wer sich hier gerade an die Diskussion über trans Frauen in „Frauenräumen“ erinnert fühlt: jap, es war genau der gleiche Scheiß.
Lesben wurden teils aktiv ausgeschlossen, teilweise gründeten sie aber auch eigene Gruppen, weil sie sich als „überlegene Feministinnen“ ansahen, als höchste Entwicklungsstufe des Feminismus. (Auch das gehört zur lesbischen Geschichte.: Es gab Lesben, die der Meinung waren, nur eine Lesbe könne eine echte Feministin sein, weil sie gänzlich unabhängig von Männern sei.)
Um Spaltungen aktiv entgegenzuwirken gründeten sich überall „FrauenLesbenZentren“, bzw. bestehende Räume und Gruppen benannten sich um. Sie wollten so aktiv beide Gruppen ansprechen und willkommen heißen.
Die Gruppen kämpften gemeinsam und stellten sich bewusst gegen die Homophobie innerhalb und außerhalb der feministischen Bewegung.
Die Diskussion, ob Lesben Frauen seien oder nicht, wurde dennoch geführt. Eine der wichtigen Denkerinnen war Monique Wittig (1935-2003). Monique Wittig zufolge existiert die Kategorie „Frau“ nur in Relation zur Kategorie „Mann“. Das bedeutet, dass „Frauen“ ohne Beziehung zu Männern aufhören würden „Frauen“ zu sein.
Monique Wittig schrieb 1978: „Es wäre unkorrekt zu sagen, dass Lesben mit Frauen zusammen sind, Liebe machen, leben. Denn ‚Frau‘ hat nur Bedeutung im heterosexuellen System des Denkens und in heterosexuellen ökonomischen Systemen. Lesben sind keine Frauen.“ (Quelle)
Die Diskussion ist bis heute nicht „geklärt“, dementsprechend gibt es sowohl Lesben, die sich als Frauen bezeichnen und Lesben, die „Lesbe“ als ihr Geschlecht oder ihre Geschlechtsidentität angeben.
Zusammenfassend:
Lesben wurden einerseits aus Frauenräumen ausgeschlossen (d.h. es wurde ihnen das Frau sein abgesprochen, sie wurden aktiv diskriminiert) und andererseits gab und gibt es innerhalb der lesbischen Bewegung die Theorie (und Praxis!) dass Lesben keine Frauen sind, sondern eben Lesben. Dem wurde mit „FrauenLesbenZentrum“, „FrauenLesbenCafé“, „FrauenLesben Abend“ usw. Rechnung getragen und heute bildet FrauenLesben den Anfang von FLINTA.
„FINTA“ macht diese Geschichte unsichtbar und exkludiert Lesben (nicht lesbische Frauen!) aktiv.
Ja, „nicht-binär“ wird häufig als „Umbrella-Term“ verstanden (also als Oberbegriff) unter dem alle Geschlechtsidentitäten zusammengefasst werden, die von der Zweigeschlechtlichkeit (Mann/Frau) abweichen. Aber nicht alle agender Personen fühlen sich mit dieser Kategorisierung wohl, denn während „nicht-binär“ ein Gender beschreibt, bedeutet „agender“ die (vollständige) Abwesenheit von Geschlecht. Verkürzt gesagt: nicht binäre Personen haben ein Geschlecht, agender Personen nicht. (Das ist nicht universell, auch hier wieder: Spektrum – agender Personen empfinden das unterschiedlich!)
Ein weiterer Gedanke dazu: auch „trans“ ist ein Umbrella-Term, der alle Geschlechter umfasst, die nicht cis sind. Wenn eine Person von dem Geschlecht abweicht, das ihr bei der Geburt zugewiesen wurde, ist nach diesem Verständnis trans*. Also auch nicht-binäre Personen. Trotzdem hat das „N“ seinen eigenen Platz in FLINTA, weil nicht alle nicht-binären Personen das Label trans* für sich verwenden.

OMG sie haben die Flintstones gegendert!!! Nein, keine Sorge: Das sind die schwedischen Feuersteins: Familjen Flinta.
Ich finde dieses Bild aber tatsächlich sehr passend, als Gedankebstütze, wie „FLINTA“ aussehen kann. Denn leider verstehen viele Menschen unter FLINTA fälschlicherweise „weiblich gelesen. (Zur Problematik von „weiblich gelesen“ an anderer Stelle mehr.) D.h. in dieser Vorstellung ist FLINTA einfach eine Erweiterung von „Frauen“. Also so nach dem Motto: „Frauen und alle, die wie Frauen aussehen“. In diesen Räumen sind dann neben cis Frauen auch trans* Frauen willkommen, die sich möglichst bemühen sollen, wie cis Frauen auszusehen, außerdem nicht-binäre Personen, denen bei der Geburt „weiblich“ ins Personenstandsregister eingetragen wurde.
Das Problem bei „FLINTA Only“
Ich habe schon mehrfach erlebt, dass auf „FLINTA only“ Demos Personen angesprochen (oder angeschrien) wurden, die nicht in dieses Konzept passten, die also nicht „weiblich“ genug aussahen. Das kommt davon, wenn sich Menschen (bspw. Veranstalter*innen) keine Gedanken machen, sondern einfach „FLINTA“ hinschreiben, wo vorher „Frauen“ stand. Diese Orte sind nicht sicher, denn sie schließen aus, sie zwingen zum „Outing“ (wenn zum Beispiel Personen mit Bart gefragt werden, ob sie denn „FLINTA“ seien) und sie reproduzieren schlicht patriarchale Logiken und geschlechtsbasierte Gewalt.
Wenn ich also so einen Flyer gestalte, dann muss ich damit rechnen, dass neben Frauen auch LINTA kommen. Wie ich kontrolliere, dass sich keine endo cis Männer „einschleichen“? GAR NICHT, denn ich kann Menschen ihr Gender nun mal nicht ansehen.
Wenn wir „FLINTA only“ Veranstaltungen machen, dann weil wir einen gewissen Schutz vor patriarchaler Gewalt gewähren möchten. Dieser Schutz steht dann aber nicht nur Frauen zu, sondern allen, die von patriarchaler Gewalt betroffen sind. Leider reproduzieren oder verstärken „FLINTA only“ Räume/Events diese Gewalt aber sogar, indem die berechtigte Anwesenheit mancher Personen in Frage gestellt wird.
Auch cis Männer können FLINTA sein!
Ich habe schon gelesen, dass „FLINTA“ als „alle außer cis Männer“ verstanden wird und das ignoriert, dass das „I“ für inter* steht. Cis Männer können inter* sein. Wenn einer inter* Person bei der Geburt (leider häufig gewaltsam, z.B. durch OPs) das männliche Geschlecht zugewiesen wird und diese Person sich auch als männlich identifiziert, ist sie ein cis Mann. Aber trotzdem inter*.
Ja, was bringt uns denn dann dieses „FLINTA“ wirklich?
Gute Frage. Auf jeden Fall nicht so viel, wie es manche gern hätten.
„FLINTA“ funktioniert (bedingt) als Analysekategorie und wenn ich bspw. in einem Text Personen als Akronym zusammenfassen möchte, die von geschlechtsbasierter Unterdrückung betroffen sind. Ich muss dann nicht immer alles ausschreiben. In der gelebten Praxis funktioniert das aber schon nicht mehr so gut, wie wir gerade gesehen haben.
Und die Frage ist ja immer auch: WARUM?
Nenne ich etwas, das eigentlich „Frauen only“ war, jetzt „FLINTA only“, einfach weil ich Angst habe, sonst als transfeindlich zu gelten? Oder möchte ich ernsthaft einen safer space (also einen geschützten Raum) schaffen?
Ein safer space entsteht niemals durch Änderung eines Begriffs. Wenn ich ernsthaft daran interessiert bin, einen sichereren Raum zu schaffen, braucht es SO VIEL mehr. Angefangen bei der Auseinandersetzung mit der Frage: wer ist hier willkommen und wer nicht.
Und wenn wir schon dabei sind: wieso ist ein schwuler Schwarzer Mann ohne Obdach mit Behinderung weniger schützenswert als eine weiße heterosexuelle Millionärin? Ich übertreibe das Bild hier bewusst um aufzuzeigen, dass der verkürzte Blick auf Geschlecht nie ausreichend ist, um Unterdrückungssysteme zu durchbrechen.
Ich will darauf hinaus, dass wir insgesamt intersektionaler denken müssen, wenn wir über safer spaces nachdenken. Also wenn ich bspw. einen Wellness-Abend im Jugendclub auf dem Dorf organisiere, warum sollte ich dann den schwulen cis Jugendlichen ausschließen? Ist der eine „Gefahr“ für FLINTA?
Ich wünsche mir, dass wir anfangen darüber nachzudenken und zu reden, was es braucht, damit sich Menschen sicher und willkommen fühlen. Was macht Räume unsicher? Ist es die Tatsache, dass (häufig) cis Männer sehr viel Raum in Diskussionen einnehmen? (Moderation, Redelisten etc. können helfen) wollen wir Schutz vor sexualisierter Belästigung? (Awarenessteams, klare Regeln und Kommunikation, solidarische Parteilichkeit mit Betroffenen und Konsequenzen für Täter*innen sind Möglichkeiten für den Umgang).
Wir müssen uns vom binären Geschlechtsverständnis lösen, wenn wir hier weiterkommen wollen.